Die Taxonomie-VO (VO [EU) 2020/852) kennt sechs Umweltziele. Diese sollen in Delegierten Verordnungen im Detail ausformuliert werden.
Zwei dieser Detailregelungen - zu Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – sind bereits seit längerem fixiert (DelVO [EU] 2021/2139).
Am 5.4.2023 veröffentlichte die Kommission nun den lang erwarteten Entwurf zur Konkretisierung der restlichen vier Umweltziele Meeresressourcen, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung und Biodiversität (Ares[2023]2481554 - 05/04/2023). Wir haben uns den neuen Entwurf angesehen:
- Der Entwurf ist, wie bereits die Konkretisierung der bisherigen Umweltziele, wieder einmal sehr technisch und zersplittert mit vielen Querverweisen (und Querverweisen in den Querverweisen, etc). Man braucht hohen Sachverstand, um den Entwurf zu verstehen.
- Obwohl der neue Entwurf so technisch ist, bestehen trotzdem viele Graubereiche. In sehr spezifische Definitionen sind immer wieder Wörter wie "appropriate" (angemessen), "relevant" (relevant) oder "material" (wesentlich) eingeflochten. Was sich hinter diesen Wörtern verbirgt, ist wieder eine Frage der rechtlichen Interpretation.
Das ist in der Anwendung eine herausfordernde Mischung.
Fast zur selben Zeit veröffentlichten die Europäischen Aufsichtsbehörden, die ESAs (EBA, ESMA, EIOPA), einen Entwurf (JC 2023 09) zur Änderung der DelVO 2022/1288, welche die Offenlegungs-VO (VO [EU] 2019/2088) konkretisiert.
Der Entwurf enthält unter anderem durchgreifende Anpassungen aller Vorlagen (Templates), der "Principal Adverse Impact"-Indikatoren und der schon jetzt besonders komplexen "Do No Significant Harm"-Regeln. Als Grund für die Anpassungen werden Anregungen von Stakeholdern genannt. Die verpflichteten Unternehmen können das nach erster Durchsicht nicht gewesen sein – das ohnehin schon bisher sehr abstrakte Regelwerk würde durch den neuen Entwurf wohl nicht an Praxisnähe gewinnen.
Festhalten kann man jedenfalls schon jetzt, dass das Regelungsdickicht durch beide Entwürfe – die eigentlich der Klärung der generell definierten Zielsetzungen der Nachhaltigkeitsregelungen dienen sollten – undurchsichtiger werden wird. Wo früher mangels einschlägiger Regeln Grüner Wilder Westen herrschte, folgt jetzt der Paragraphen- und Papier-Dschungel.
Aus unserer Sicht kommt es deshalb umso mehr auf folgende drei praktische Fragen an:
- Welche Regeln gelten konkret für mein Unternehmen?
- Welche konkreten Schritte muss ich wann setzen, um diese Regeln einzuhalten?
- Wie priorisiere ich diese Schritte risikobasiert? Insbesondere: Womit kann ich sofort beginnen?
Die gute Nachricht aus unserer Beratungspraxis: Wer diese drei Fragen für sich beantwortet, stellt oft fest, dass schon mehr Wissen und Erfahrung im Unternehmen vorhanden ist, als man denkt.
Wir stehen immer für eine Diskussion zu diesen Themen bereit.