In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass sich Mieter oder Dritte Verletzungen oder sonstige Schäden auf Liegenschaften zuziehen und Schadenersatzansprüche gegenüber dem Eigentümer oder Vermieter geltend machen. Die Möglichkeit einer Haftungsvermeidung ist daher ein zentrales Anliegen eines jeden Liegenschaftseigentümers und Vermieters. Aus zivilrechtlicher Sicht können Schadenersatzpflichten - neben vertraglichen Schadenersatzansprüchen aufgrund (vorvertraglicher) Schutz- und Sorgfaltspflichten, insbesondere aufgrund folgender Sachverhalte bestehen:
Verkehrssicherungspflichten
Davon sind vertragliche und außervertragliche Pflichten und Ansprüche umfasst. Jeden, der einen Verkehr eröffnet (beispielsweise auf Wegen und in Gebäuden) und eine Gefahrenquelle schafft, treffen Verkehrssicherungspflichten. Er muss im Rahmen des Zumutbaren die Verkehrsteilnehmer schützen und vor Gefahren warnen. Eine solche Pflicht entfällt, wenn die Gefahr leicht erkennbar ist. Daneben treffen jeden Vermieter und Geschäftsherren besondere Schutz- und Sorgfaltspflichten aufgrund eines bestehenden oder in Anbahnung befindlichen Vertragsverhältnisses.
Gebäudehaftung (§ 1319 ABGB)
Der Besitzer eines Gebäudes haftet, wenn durch den Einsturz oder die Ablösung von Teilen dessen ein Schaden entsteht. Den Besitzer trifft jedoch keine Haftung, wenn er beweisen kann, dass er alle nötigen Vorkehrungen getroffen hat. Unter Gebäude bzw Werk sind beispielsweise auch Aufzüge, Schächte und Dachlawinen zu verstehen.
Wegehalterhaftung (§ 1319a ABGB)
Der Halter eines Weges haftet nur für grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführten Schäden, wenn diese durch den mangelhaften Zustand eines Weges entstehen. Die Haftungseinschränkung bezweckt, dass jemand, der einen Weg von Dritten nutzen lässt, mit denen er in keinem Vertragsverhältnis steht, nur eine eingeschränkte Haftung trifft. Unter Wegen sind beispielsweise auch Durchgänge im städtischen Bereich oder Kundenparkplätze zu verstehen.
Objektsicherheitsprüfung nach den ÖNORMEN B1300 und B1301
Eine Möglichkeit zur Vermeidung bzw Reduzierung von Schadenersatzansprüchen ist die Objektsicherheitsprüfung gemäß den ÖNORMEN B1300 und B1301. Während die ÖNORM B1300 auf Wohngebäude mit zumindest einer Wohnung anwendbar ist, gelangt die im Jahr 2016 veröffentlichte ÖNORM B1301 auf Nicht-Wohngebäude (insbesondere Bürogebäude, Hotels, öffentliche Gebäude, etc) zur Anwendung.
Diese ÖNORMEN geben eine Anleitung zur Durchführung von Objektsicherheitsprüfungen von Gebäuden. Eine solche Objektsicherheitsprüfung kann Eigentümern helfen die Sicherheitsevaluierung ihrer Liegenschaften in geregelte Bahnen zu lenken und Haftungsrisiken zu reduzieren. Rechtsverbindlichkeit kommen den ÖNORMEN nicht zu, allerdings ziehen Gerichte diese bei der Beurteilung der Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten und Sorgfaltsmaßstäben heran.
Eine sorgfältig durchgeführte Objektsicherheitsprüfung ist für den Eigentümer daher ein gutes Werkzeug um Haftungsansprüche abzuwehren (zB indem er damit den Entlastungbeweis der Gebäudehaftung gemäß § 1319 ABGB erbringt). Allerdings hat der Eigentümer auch mit einer umfassenden Überprüfung iSd ÖNORMEN keine Allzweckwaffe gegen Haftungsansprüche in der Hand. Nicht erkannte oder nicht zeitgerecht behobene Mängel können weiterhin Haftungen begründen. Eigentümer sollten daher die Heranziehung von Fachleuten zur Prüfung, der Erstellung von Fotodokumentationen und der Dokumentation gesetzter Behebungs- und Absicherungsmaßnahme in Erwägung ziehen.
Und wer zahlt am Ende?
Im Vollanwendungsbereich des MRG lassen sich die Kosten der Objektsicherheitsprüfung nicht unter den abschließenden Betriebskostenkatalog subsumieren. Im Teilanwendungsbereich des MRG ist den Vermietern anzuraten die Objektsicherheitsprüfung explizit im Katalog der zu überwälzenden Betriebskosten anzuführen, da sonst – zumindest gegenüber Verbrauchern – aufgrund des Transparenzgebotes des KSchG eine Überwälzung ausgeschlossen ist.
Fazit
Regelmäßige Objektprüfungen bieten für Liegenschaftseigentümer von Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäuden die Chance Haftungsrisiken zu minimieren. Dies auch vor dem Hintergrund eine allfällige Haftungsfreistellung der Gebäudehaftpflichtversicherung zu verhindern. Künftig sollte daher sowohl beim Abschluss von neuen Mietverträgen als auch von Hausverwalterverträgen auf entsprechende (Kostentragungs-)Regelungen geachtet werden.