Viele Stifter haben Vermögen einer Privatstiftung gewidmet um es in einer vorweggenommenen Erbfolge für die nächsten Generationen zu erhalten und zu sichern. Dabei geht es um die Kontinuität von Familienunternehmen abseits schwieriger Nachfolgeregelungen, Stabilität im Liegenschaftsbesitz oder um die Erhaltung anderen Vermögens, wie zB leidenschaftlich zusammengetragener Kunstsammlungen. Doch neben dem Ziel der Kontinuität steht gleichrangig die Vermeidung von Streitigkeiten unter den Nachkommen, entweder bereits in der Kindergeneration oder in der Folge zwischen Familienstämmen.
Streit vermeiden
Diesem Motiv dienen ausgewogene Regelungen der Zuwendung an begünstigte Nachkommen und die Vorgabe sachgerechter Einflussmöglichkeiten des Beirats in der Stiftungserklärung. Aber belastende Konflikte sind auch durch die beste Satzung nicht ausgeschlossen. Gestritten wird über die Zusammensetzung gesetzlich vorgesehener oder freiwillig eingerichteter Gremien, über die Ausübung von Zustimmungsrechten hinsichtlich Geschäftsführungsmaßnahmen des Stiftungsvorstandes und vor allem im Zusammenhang mit Gewinnverteilungsentscheidungen in Beteiligungsunternehmen der Privatstiftung. Dabei zeigt sich schnell, welche Begünstigten an ausschüttungsabhängigem Lifestyle interessiert sind oder nachhaltig disponieren wollen und persönliche Zuwendungen hinter unternehmerische Ziele stellen. Die Bildung von Rechnungskreisen alleine, parallel zur Divisionalisierung der Vorstandsorganisation, bringt oft nicht die ausreichende Separierung. Der Wunsch nach einer klaren Trennung der Interessensphären der Begünstigten bzw der Familienstämme führt zu sog Substiftungen (Tochter- oder Nachfolgestiftungen).
Substiftungen für neue Stiftungszwecke
Eine Substiftung ist eine Privatstiftung, die von einer (bereits existierenden) Hauptstiftung als eigenständige Körperschaft allein oder gemeinsam mit weiteren Stiftern errichtet wird. Voraussetzung für die Errichtung einer Substiftung sind Regelungen in der Stiftungsurkunde der Hauptstiftung über die Zulässigkeit der Errichtung einer Substiftung und der Vermögensübertragung (unter Beachtung der Zuwendungssperre) an sie, im Idealfall kombiniert mit der Möglichkeit, dass andere Personen als änderungsberechtigte Mitstifter in die Substiftung aufgenommen werden können. Neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet der OGH mit seiner Entscheidung 6 Ob 237/15v bei jenen Stiftungen, bei denen dem Stifter bereits bei der Errichtung der Hauptstiftung ein inhaltlich entsprechend weites Änderungsrecht vorbehalten wurde: Der Stifter kann die Stiftungserklärung der Hauptstiftung nunmehr dahingehend ändern, dass eine neu zu errichtende Substiftung einen anderen als den ursprünglichen Zweck der Hauptstiftung haben soll. Es ist damit zulässig, eine Substiftung zu errichten, deren primärer Stiftungszweck in der standesgemäßen Versorgung der Begünstigten unter Verwendung der Vermögenssubstanz liegt, wohingegen in der Hauptstiftung der Erhalt und die Verwaltung von gewidmeten Beteiligungen primärer Zweck bleibt.
Änderungsrechte nachträglich schaffen
Wer es als Hauptstifter bei Stiftungserrichtung verabsäumt hat, seine Kinder als änderungsberechtigte Nebenstifter vorzusehen, oder wer die bis dato vom OGH bestätigte Möglichkeit, einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft das Änderungsrecht einzuräumen, nicht genützt hat, kann nun über Substiftungen die oft beklagte Versteinerung der Privatstiftung „sanieren“. Für die Stiftungspraxis ist es vorteilhaft, dass nunmehr Mitstiftern auf Ebene der Substiftung Änderungs- und Widerrufsrechte eingeräumt werden können und die dem Hauptstifter zukommenden höchstpersönlichen und unübertragbaren Gestaltungsrechte durch die Gründung einer Substiftung über den Zeitpunkt des Ablebens des Hauptstifters hinaus perpetuiert werden.
Zudem hat der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang Rechtssicherheit durch die Klarstellung geschaffen, dass die Anordnung in der Stiftungsurkunde der Hauptstiftung, das gesamte Vermögen in die Substiftung zu transferieren, keine widerrufsgleiche Änderung darstellt, sofern die Fortdauer der Vermögensbindung in der Substiftung Deckung im Stiftungszweck der Hauptstiftung findet.
Getrennte Governance für Familienstämme oder geschiedene Ehepartner
Soll die Errichtung der Substiftung (auch) der Vermeidung oder Lösung von Konflikten dienen, dann ist es unabdingbar, den Einfluss auf die Willensbildung und bei der Ausgestaltung der Substiftung jeden Einfluss auf die Willensbildung und Überwachung der Organe der Substiftung durch die Hauptstiftung zu verhindern, also Haupt- und Substiftung operativ völlig voneinander zu trennen. Daran ist auch zu denken, wenn über die Substiftung (nach) eheliche Unterhalts- oder Aufteilungsansprüche bei Ehescheidung geregelt werden. Diese Konstruktion eröffnet die Möglichkeit, mit dem ehemaligen Ehepartner schuldtilgende Vermögensübertragungen zu vereinbaren, die nur der 2,5%igen Stiftungseingangssteuer unterliegen, ihm einen unabhängigen Einfluss auf die Organisation der Substiftung zu gewähren und ihn vor allem auch den Stiftungszweck bestimmen zu lassen.
Steuerrechtliche Wünsche mit großem Impact
Die Errichtung einer Substiftung betrifft die abgabenrechtliche Sphäre der vermögensübertragenden Hauptstiftung und der Substiftung. Bei der Errichtung der Substiftung zu berücksichtigen sind die Stiftungseingangs-, Grunderwerbs- und Kapitalertragssteuer, das Stiftungseingangssteueräquivalent sowie Eintragungsgebühren. Steuerneutrale Substanzzuwendungen von Vermögen der Hauptstiftung in den außerbetrieblichen Bereich einer zu errichtenden Substiftung sind nach § 27 Abs 5 Z 8 EStG nur begrenzt KESt-frei möglich. Nach lit f und g ist die KESt-freie Zuwendung einer Privatstiftung an eine Substiftung betraglich begrenzt mit dem buchmäßigen Eigenkapital der Privatstiftung zum 31. Juli 2008 (sog „Altvermögen“) und zudem nur soweit möglich, als die Zuwendung im Stiftungszweck der zuwendenden Stiftung Deckung findet. Darüber hinausgehende Zuwendungen an eine Substiftung unterliegen der KESt, die daher für solche Maßnahmen prohibitiv wirkt. Wenn das Gebot der Kongruenz der Stiftungszwecke der Haupt- und Substiftungen nun teilweise entfällt, erscheint es mE aus der Perspektive der Gleichbehandlung dringend geboten, das Deckungsgebot der Stiftungszwecke für die KESt-Freiheit steuerrechtlich zu beseitigen. Eingedenk des enormen volkswirtschaftlichen Potentials der neuen Beweungsfreiheit in Stiftungen sollte für den Steuergesetzgeber nichts mehr dagegensprechen, auch die begrendenzende Unterscheidung in Alt- und Neuvermögen, die im Jahr 2008 nur aus (unbegründeter) Furcht vor missbräuchlicher Rechtsanwendung geschaffen wurde, aufzuheben bzw (endlich) sachgerechte Regelngen für Zuwendungen in den betrieblichen Bereich einer Substiftung zu schaffen.
Ebenfalls seit 2008 unterliegen Zuwendungen der Hauptstiftung an die Substiftung der Stiftungseingangssteuer, die grundsätzlich 2,5 % beträgt. Bei der Errichtung einer Substiftung kommt es zur Kumulation der KESt und der Stiftungseingangssteuer. Wiederum aus volkswirtschaftlicher Betrachtung sollte eine verkehrssteuerfreie Zuwendung an Substiftungen möglich werden, um insbesondere betriebliche Zwecke und grenzüberschreitende Errichtungen von Substiftungen nach Österreich zu fördern.