Computerprogramme: Pyrrhussieg für Handel mit Lizenzen gebrauchter Software

Nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts können einmal bezahlte Computerprogramme weiterverkauft werden. Der Erwerber darf sie aber nicht kopieren, kann sie daher nicht verwenden

Ein jahrelanger kommerziell bedeutender Konflikt zwischen Rechteinhabern an Software und auf den Weitervertrieb von Softwarelizenzen spezialisierten Unternehmen steht kurz vor der Klärung durch den Europäischen Gerichtshof: Dabei geht es um die Frage, ob Dritte Softwarelizenzen ohne Zustimmung des Rechteinhabers weiterveräußern dürfen.

Trotz rechtlicher Bedenken hat sich hier ein millionenschwerer Markt entwickelt. Oft ist es günstiger, über Vermittler Software zu erwerben, die vom ursprünglichen Lizenznehmer nicht mehr benötigt wird, als direkt vom Softwareunternehmen neu zu lizensieren.

Bisher agierten die Gebrauchtlizenzhändler und ihre Käufer im Graubereich: Sie beriefen sich darauf, dass einmal verkaufte Softwarelizenzen in Verkehr gebracht und damit das sonst dem Softwareunternehmen vorbehaltene Verbreitungsrecht - wie bei Büchern oder CDs - erschöpft sei. Daher sei es zulässig, die Lizenzen (entgeltlich) an Dritte weiterzugeben.

Die Rechteinhaber konterten damit, dass das Urheberrechtsgesetz in Deutschland und Österreich beim Erschöpfungsgrundsatz auf Werkstücke, also physische Exemplare von Werken, abstellt. Software wird dagegen meist digital vertrieben. Damit könne das Verbreitungsrecht nicht erschöpfen.

Im Übrigen sei aber selbst die Zulässigkeit der Weitergabe von gebrauchten Softwarelizenzen kein Garant dafür, dass diese auch eingesetzt werden kann: Bereits beim Installationsvorgang, später auch im Zuge der Verwendung, erstellt der Computer automatisch Kopien der Software. Dies ist urheberrechtlich eine Vervielfältigung, die vom Erschöpfungsgrundsatz nicht gedeckt sei. So darf auch der (rechtmäßige) Erwerber eines gebrauchten Buches dieses zwar persönlich nutzen, nicht aber kopieren.

Da die innerstaatlichen Regelungen auf internationalen und europarechtlichen Grundlagen fußen, hat der deutsche Bundesgerichtshof die Frage der Auslegung des Erschöpfungsgrundsatzes im ersten Anlassfall dem EuGH zur Auslegung vorgelegt. In seinem Schlussantrag zu C-128/11 kam der Generanwalt am 24. 4. 2012 zu einer scheinbar salomonischen Lösung, mit der schlussendlich wohl die Softwareindustrie besser leben kann.

Zwar führt er aus, dass bei einer dauerhaften Nutzungseinräumung gegen einmaliges Entgelt die Weiterverbreitung auch ohne Vorliegen eines physischen Werkes (Datenträger) eintreten soll. Doch tritt dieses Lizenzmodell immer mehr ins Hintertreffen gegenüber bedarfsorientierten Mietvarianten, bei denen die Software nur für eine bestimmte Dauer und gegen ein laufendes Entgelt überlassen wird. Ebenso verlagern einige Unternehmen unter dem Druck von Open-Source-Lösungen ihre Einnahmen vom Lizenzentgelt auf Wartungsleistungen und binden die Nutzungsberechtigung an aufrechte Wartungsverträge. Hier wird die Software also nicht dauerhaft überlassen. In diesen Fällen kann nach Argumentation des Generalanwalts keine Erschöpfung des Verbreitungsrechts eintreten.

Kein Vervielfältigungsrecht

Dazu kommt, dass der Generalanwalt im zweiten, wesentlichen Punkt zugunsten der Softwareunternehmen entschieden hat. So führt er aus, dass der Erschöpfungsgrundsatz nach derzeitiger Rechtslage rein das Verbreitungs-, nicht aber das Vervielfältigungsrecht betrifft. Damit kann ein Rechtehändler zwar die Lizenz weitergeben, der Erwerber diese aber nicht vervielfältigen und damit - wie eingangs dargelegt - nicht nutzen. Folgt der EuGH, wie er es meist tut, dem Generalanwalt, wäre dies ein Pyrrhussieg für die Gebrauchtlizenzhändler und würde de facto zu einem Ende dieses Vertriebssystems führen.

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