Inkrafttreten der Bestimmungen zur Identifikation der Aktionäre und zur maschinenlesbaren Informationsübermittlung bei börsenotierten Gesellschaften
In weiterer Umsetzung der 2. Aktionärsrechte-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2017/828) treten mit 3. September 2020 Bestimmungen betreffend
- ein Recht börsenotierter Gesellschaften auf Identifizierung bestimmter Aktionäre; sowie
- die Kommunikation zwischen Gesellschaft, Intermediären und Aktionären in standardisierter maschinenlesebarer Form
in Kraft. Die Umsetzung in direkt anwendbares Recht erfolgt insbesondere durch die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 ("DVO") sowie im BörseG 2018 durch Inkrafttreten der relevanten Bestimmungen des im Jahr 2019 neu eingefügten 5. Hauptstückes (BörseG 2018 idF BGBl 64/2019).
1. Identifizierung einzelner Aktionäre
Um die direkte Kommunikation zwischen Gesellschaften (mit Sitz im Inland, deren Aktien an einem geregelten Markt zugelassen sind) und ihren Aktionären zu ermöglichen, haben Gesellschaften gemäß § 179 BörseG 2018 das Recht, Aktionäre zu identifizieren, die 0,5 % oder mehr der Aktien oder Stimmrechte halten ("Know your shareholder"). Dazu können die Gesellschaften von den Intermediären (Personen, die Dienstleistungen der Verwahrung oder Verwaltung von Wertpapieren oder der Führung von Depotkonten erbringen) mittels Antrages die unverzügliche Übermittlung von Informationen über die Identität dieser Aktionäre verlangen, einschließlich Information über deren tatsächlichen Anteil.
Dieser Antrag hat in maschinenlesbarer Form dem Format in Tabelle 1 des Anhangs der DVO zu entsprechen. In einer Kette von Intermediären muss der Antrag unverzüglich weitergeleitet werden, sodass die Information von jenem Intermediär übermittelt wird, der darüber verfügt. Aktionäre, welche die Schwelle durch Depotkonten bei mehreren Intermediären überschreiten, müssen diesen Umstand allen Intermediären bekannt geben. Ein Intermediär muss dann der Gesellschaft nicht nur den bei ihm gehaltenen Anteil melden, sondern auch den Umstand, dass durch das Halten von Anteilen bei mehreren Intermediären der Schwellenwert insgesamt erreicht oder überschritten wird.
Die Übermittlung der Informationen durch die Intermediäre an die Gesellschaft hat ebenfalls in maschinenlesbarer Form im standardisierten Format gemäß Tabelle 2 des Anhangs der DVO zu erfolgen. Die beteiligten Depotbanken sind soweit von Geheimhaltungspflichten und dem Bankgeheimnis befreit. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten gilt § 179 Abs 4 BörseG.
Für die elektronische und maschinenlesbare Übermittlung im Sinne der DVO wurden von Arbeitsgruppen der Depotbanken neue SWIFT-Mitteilungen unter dem ISO-Standard 20022 definiert.
Identifiziert wird nach § 179 BörseG der Eigentümer, nicht aber notwendigerweise der wirtschaftlich Berechtigte. Tabelle 2 des Anhangs zur DVO sieht idZ auch Angaben der letzten Depotbank zu ihrem gesamten Aktienbesitz vor, einschließlich der Angabe, ob auf eigene oder fremde Rechnung gehalten wird.
2. Übermittlung von Informationen
Die Weiterleitung von Informationen zwischen Gesellschaft und Aktionären über Intermediäre soll effizienter gestaltet werden und daher in elektronischer und maschinenlesbarer Form und den standardisierten Formaten gemäß der DVO erfolgen.
§ 180 BörseG 2018 sieht vor, dass Intermediäre unverzüglich an alle Aktionäre die Informationen seitens der Gesellschaft weiterleiten müssen, welche die Gesellschaft einem Aktionär erteilen muss, damit dieser die aus seinen Aktien erwachsenden Rechte ausüben kann und die für alle Aktionäre bestimmt sind, die Aktien dieser Gattung halten. Wenn diese Informationen auf der Website der Gesellschaft verfügbar sind, muss weitergeleitet werden, wo auf der Website diese Informationen gefunden werden können.
Die Gesellschaften müssen diese Informationen übermitteln. Umgekehrt müssen Intermediäre unverzüglich die Informationen, welche sie von den Aktionären im Zusammenhang mit der Ausübung der mit den Aktien verbundenen Rechte erhalten, an die Gesellschaft übermitteln.
Die DVO gibt in ihrem Anhang in tabellarischer Form das Format für die Kommunikation durch Gesellschaften und Intermediäre vor. So enthält Tabelle 3 das Format der Einberufung zur Hauptversammlung, Tabelle 4 gibt das Format der Bestätigung zur Ausübung von Aktionärsrechten in der Hauptversammlung durch den Intermediär vor, Tabelle 5 das Format der Anmeldung eines Aktionärs zur Hauptversammlung, Tabelle 6 gibt das Format einer Bestätigung des Eingangs, sowie Tabelle 7 eine Bestätigung der Aufzeichnung und Zählung elektronisch abgegebener Stimmen vor. Tabelle 8 enthält das Format für die Übermittlung von anderen Unternehmensereignissen als Hauptversammlungen (corporate events).
Intermediäre müssen nach § 181 BörseG 2018 die Ausübung der Rechte durch den Aktionär, einschließlich des Rechtes auf Teilnahme an und Stimmabgabe in der Hauptversammlung, dadurch erleichtern, dass sie entweder die Vorkehrungen treffen, damit der Aktionär die Rechte selbst ausüben kann, oder der Intermediär übt die Rechte mit ausdrücklicher Genehmigung und gemäß den Anweisungen des Aktionärs zu dessen Gunsten aus.
Erhält ein Intermediär eine Empfangsbestätigung für eine Stimmabgabe im Wege der Fernabstimmung oder eine Bestätigung über die korrekte Erfassung und Zählung der abgegebenen Stimmen, muss er sie unverzüglich an den Aktionär übermitteln.
3. Sanktionen
Die Nichtbefolgung der Vorschriften stellt für betroffene Gesellschaften und Intermediäre gemäß § 189 BörseG 2018 eine Verwaltungsübertretung dar, welche zu einer Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro führen kann.
Für Aktionäre besteht eine Mitwirkungspflicht, ein verwaltungsstrafrechtliches Delikt ist für diese im BörseG aber nicht vorgesehen. Insbesondere sieht das BörseG keine Sanktion für einen Aktionär vor, der seinen Depotbanken nicht meldet, dass er durch das Halten von Anteilen bei mehreren Intermediären den Schwellenwert von 0,5 % insgesamt erreicht oder überschreitet (anders als etwa bei Beteiligungsmeldungen nach dem BörseG, wo eine Nichtmeldung zum Ruhen von Stimmrechten führen kann).