Schützt die EU-Lieferketten-RL das Klima?

Die EU-Lieferketten-RL ("Corporate Sustainability Due Diligence Directive" oder auch "CS3D" genannt) kommt. Und zwar voraussichtlich schon in zwei Jahren in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Die CS3D enthält umwelt- und menschenrechtsbezogene Schutzgüter. Aber schützt sie eigentlich auch das Klima?

Die Antwort ist ja. Und zwar gleich auf mehreren Ebenen:

1. Klimaplan

Zentral für den Klimaschutz in der CSDDD ist die Pflicht, einen Plan zur Abschwächung des Klimawandels ("transition plan for climate change mitigation") zu entwerfen und umzusetzen.

Dieser muss sicherstellen, dass Geschäftsmodell und Strategie des Unternehmens die einschlägigen internationalen Klimaabkommen und deren Ziele beachten. Insbesondere also: Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1.5 Grad Celsius (Pariser Klimaübereinkommen) und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 samt aller Zwischenschritte.

Der Klimaplan muss folgende Punkte beinhalten:

  • Verbindliche Ziele, die es zum Zweck der Abschwächung des Klimawandels bis zu einem bestimmten Zeitraum zu erreichen gilt. Das erste Ziel muss 2030 erreicht werden; dann in weiteren Schritten von fünf Jahren. Insbesondere soll dabei die Einsparung von Treibhausgas im Mittelpunkt stehen.
  • Eine konkrete Beschreibung, wie die Ziele erreicht werden können. Diese muss sich spezifisch auf die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens beziehen. Innovatives Denken ist gefragt: Die Anwendung neuer Technologien ist ausdrücklich erwünscht.
  • Wie viel Geld fließt in die Erreichung der Ziele?
  • Welche Rolle haben Leitungsorgane – Vorstand und Aufsichtsrat – bei der Erreichung der Ziele? Welche Pflichten und Verantwortlichkeiten gibt es hier?

Der Klimaplan muss jährlich aktualisiert werden. Im Rahmen der Aktualisierung ist über den laufenden Fortschritt zu berichten.

Wer einen solchen Plan schon nach der CSRD aufstellen muss, kann ihn auch gleich für die CSDDD übernehmen. Die Implementierung des Plans richtet sich dann aber aus unserer Sicht trotzdem nach der CSDDD.

2. Verbot der Klimaschädigung

Weniger eindeutig ist, ob die CSDDD neben dem Klimaplan noch weitere klimabezogene Pflichten kennt.

Klima wird in Anhang 1 nicht ausdrücklich als zu identifizierende negative Auswirkung auf Umwelt oder Menschenrechte genannt. Heißt das, dass klimabezogene negative Auswirkungen in der Lieferkette ignoriert werden können?

Nein.

Erstens ist bereits für den Klimaplan notwendig, klimaschädliche Auswirkungen in der Lieferkette zu kennen und zu bewerten. Die eigenen Klimaziele können ja nur unter Berücksichtigung der Klimaziele und Klimaauswirkungen der Geschäftspartner:innen gesteckt werden. Klimaziele, die ausschließlich auf das eigene Unternehmen im Blick haben, sind aus unserer Sicht untauglich.

Zweitens können klimabezogene Auswirkungen unter mehrere der in Anhang 1 aufgezählten Schutzgüter fallen:

  • An menschenrechtlichen Schutzgütern ("S") kommt insbesondere das Verbot von messbaren Umweltverschlechterungen in Frage. Außerdem auch das Recht auf Leben oder auf Freiheit und Sicherheit, wenn es darum geht, dass Unternehmen ihre Klimapflichten komplett vernachlässigen.
  • An umweltbezogenen Schutzgütern ("E") kommt insbesondere die Pflicht, negative Auswirkungen auf die Biodiversität zu vermeiden in Frage. Abhängig von der konkreten Klimaschädigung gibt es noch weitere relevante Tatbestände: Zum Beispiel die Pflicht, Müll rechtmäßig zu lagern und zu entsorgen, weil ein unrechtmäßiger Umgang Klimaverschlechterungen zur Folge haben kann. Oder die Pflicht, bestimmte Orte wie Feuchtgebiete zu bewahren.

Klimaschädigung als negative Auswirkung in der Lieferkette erhielt durch die kürzlich ergangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zusätzliche Brisanz. Der Gerichtshof entschied, dass Menschen aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Österreich sogar im Verfassungsrang steht, ein Recht darauf haben sollen, "vor den schwerwiegenden negativen Auswirkungen des Klimawandels auf Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität" geschützt zu werden. Will man Klimaauswirkungen tatsächlich so umfassend verstehen, was zu hinterfragen ist, lassen sich diese problemlos unter die negativen Auswirkungen der CSDDD einordnen.

3. Zusammenfassung

Die CSDDD schützt Klima nicht nur. Klimaschutz ist vielmehr ein maßgeblicher Grund, weshalb es die CSDDD gibt. Bei der Pflicht, Klimawandel einzudämmen und negative Klimaauswirkungen zu verhindern ist die CSDDD deshalb auch besonders streng.