OGH: Urlaubsanspruch verjährt nicht (mehr) von selbst

Zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern kommt es bei Beendigung des Dienstverhältnisses immer wieder zu Auseinandersetzungen über die Abgeltung von offenen Urlaubsansprüchen. Bis vor Kurzem ging der Oberste Gerichtshof ("OGH") noch davon aus, dass Arbeitnehmer selbst darauf zu achten haben, dass ihr Urlaubsanspruch nicht verjährt. Dem ist jedoch nicht so, wie eine aktuelle Entscheidung des OGH zeigt.

 

Aufforderungs- und Hinweisobliegenheit des Arbeitgebers

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der OGH nun ausgesprochen, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht automatisch verjährt.

Ausgangsfall war die Beschäftigung eines Gutsverwalters, der am Ende seines zwanzigjährigen Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsersatzleistung für insgesamt knapp 323 offene Urlaubstage forderte. Der Gutsverwalter hatte zwar einzelne Urlaubstage in Anspruch genommen, sah sich aber wegen seines Arbeitspensums im Gutsbetrieb nicht in der Lage, den gesamten Urlaub zu konsumieren. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte der Arbeitgeber dem Gutsverwalter eine Ersatzleistung für jenen Urlaub, den er in den letzten drei Jahren nicht konsumiert hatte, und machte in diesem Zusammenhang die Verjährungsregelung des § 4 Abs 5 UrlG geltend. Gemäß dieser zentralen Bestimmung des Urlaubsgesetzes verjährt der Urlaubsanspruch, wenn er nicht innerhalb von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, konsumiert wird.

Das Erstgericht wies die Klage des Gutsverwalters auf Auszahlung des gesamten nicht konsumierten Urlaubes unter Verweis auf das Urlaubsgesetz und mit der Begründung ab, dass weder der Arbeitgeber noch das hohe Pflichtbewusstsein den Gutsverwalter daran gehindert hätten, seinen Urlaub zu verbrauchen. Der länger als drei Jahre zurückliegende Urlaub sei daher nach Ansicht des Erstgerichts verjährt. Das Berufungsgericht und der OGH entschieden hingegen, dass der gesamte Urlaubsanspruch nach wie vor aufrecht sei, weil der Arbeitgeber seine diesbezüglichen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten verletzt habe. Der Urlaub verjähre nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig und aktiv aufforderte, den Urlaub zu verbrauchen, und den Arbeitnehmer auch auf eine drohende Verjährung seiner (Urlaubs-)Ansprüche hinweist.

Die Beweislast für diese Aufklärung trägt der Arbeitgeber. Kann der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass er seine Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, den ihnen zustehenden Urlaub zu konsumieren, so kann der Urlaubsanspruch nicht wirksam verjähren. Dies hat zur Folge, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses allenfalls auch weit in die Vergangenheit zurückreichende Ansprüche auf Urlaubsersatzleistungen erfolgreich eingeklagt werden können.

 

Empfehlung

Die Entscheidung des OGH zeigt, dass Arbeitgeber hinsichtlich des Urlaubsverbrauchs in Hinkunft verstärkt in die Verantwortung genommen werden. Unternehmen sollten ihre Arbeitnehmer daher regelmäßig und nachweislich über den offenen Urlaubsanspruch informieren und die Arbeitnehmer unter Hinweis auf die Verjährungsfolgen auch ausdrücklich dazu auffordern, den offenen Urlaub zu konsumieren.