Hintergrund:
Amazon Services Europe ("Amazon") bietet auf seiner Seite www.amazon.de im Bereich "Amazon-Marketplace" Dritten die Möglichkeit an, Verkaufsangebote für ihre Waren einzustellen. Dabei kommen die Kaufverträge direkt zwischen den Dritten – Verkäufern – und den Käufern zu Stande. Die Drittanbieter können zusätzlich die Waren über Amazon lagern und versenden. Einer dieser Drittanbieter nahm dieses Service in Anspruch und verkaufte über Amazon-Marketplace das (offenbar von außerhalb der EU importierte) Parfum "Davidoff Hot Water EdT". Die Lizenz an der Unionsmarke "DAVIDOFF" hält jedoch Coty Germany GmbH ("Coty"), die eine Reihe bekannter Parfummarken vertreibt.
Da der Drittanbieter das Parfum ohne Zustimmung von Coty erstmals im EWR angeboten hat, hat Coty ihn aufgefordert, den unzulässigen Grauimport und den Verkauf zu unterlassen. Zudem forderte Coty Amazon auf, die für den Drittanbieter gelagerten Parfumflakons herauszugeben. Amazon kam dem nach und teilte COTY weiters mit, dass einige der Flakons aus dem Lagerbestand eines anderen Drittanbieters stammen. Als Coty Amazon aufforderte, die Details zu diesem Drittanbieter herauszugeben, verweigerte Amazon die Offenlegung. Coty klagte Amazon sodann in zwei Instanzen erfolglos wegen angeblicher Verletzung des Rechts an der Unionsmarke. Der deutsche BGH wandte sich schließlich an den EuGH. Dieser sollte klären, ob eine Person, die ohne Kenntnis vom Rechtsverstoß für einen Dritten markenverletzende Waren lagert, diese Ware zum markenrechtlich relevanten Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens "benutze". Damit würde der Dritte nämlich selbst haftbar.
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs:
Gemäß dem Art 9 Abs 1 der Unionsmarkenverordnung gewährt die Unionsmarke ihrem Inhaber das ausschließliche Recht, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ein gleiches oder ähnliches Zeichen zu benutzen. Darüber hinaus enthält Absatz 2 der Bestimmung eine nicht erschöpfende Aufzählung von Benutzungsformen, unter anderem das hier relevante Anbieten und Inverkehrbringen von Waren und das Besitzen der Waren zu diesen Zwecken. Im vorliegenden Fall hat Amazon die Waren des Drittanbieters aber lediglich gelagert, ohne sie selbst zum Verkauf anzubieten bzw in den Verkehr zu bringen. Der EuGH hatte daher zu klären, ob die Lagerung selbst ebenfalls eine "Benutzung" im Sinne der Verordnung ist. Im Ergebnis hat er dies aber aus folgenden Gründen verneint:
Artikel 9 soll dem Markeninhaber ermöglichen, die Benutzung seiner Marke ohne seine Zustimmung zu verbieten und somit zu beenden. Der Ausdruck "Benutzung" setzt nach seinem gewöhnlichen Sinn ein aktives Verhalten und eine unmittelbare oder mittelbare Herrschaft über die Benutzungshandlung voraus. Dabei ist nur derjenige in der Lage, die Benutzung zu beenden und sich an das Verbot zu halten, der diese Kontrolle hat. Aus markenrechtlicher Sicht bedeutet die Benutzung weiters, dass der Dritte das Zeichen im Rahmen seiner eigenen kommerziellen Kommunikation einsetzt. Allein der Umstand, dass jemand die technischen Voraussetzungen für die Benutzung einer Marke durch einen Dritten anbietet, reicht dafür aber in der Regel nicht aus. Dies auch nicht, wenn diese Dienstleistung vergütet wird. Die Lagerung von Waren kann demnach nur dann als "Benutzung" qualifiziert werden, wenn der Lagernde selbst den Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens der Waren verfolgt. Da aber Amazon die betreffenden Waren weder selbst zum Verkauf anbietet noch in den Verkehr bringt, wird die Marke nicht im Rahmen der eigenen Kommunikation benutzt. Dementsprechend hält der EuGH fest, dass ein solcher Dienstleister, der keine Kenntnis von der Markenverletzung hat, keinen Verstoß gegen Art 9 Unionsmarkenverordnung begeht. Die finale Entscheidung über den gegenständlichen Rechtsstreit bleibt aber noch den deutschen Gerichten vorbehalten.