Gefahr für Geschäftsgeheimnisse: Kein Schutz ohne Maßnahmen!

Seit der Umsetzung der Know-How-Richtlinie (RL 2016/943) im Jahr 2019 sind bereits über sechs Jahre vergangen. Die einschlägigen §§ 26a – 26j UWG haben neben neuen Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Gerichtsverfahren auch eine ausdrückliche Definition des Schutzgegenstands gebracht. Größte Neuerung dabei: Eine Information gilt nur noch dann als Geschäftsgeheimnis, wenn der Schutzrechtsinhaber den Umständen entsprechend angemessene Maßnahmen gegen unbefugte Zugriffe oder andere Verwendungen gesetzt hat. Hierzu haben wir bereits in unserem Newsletter vom 18.9.2018 berichtet.

Mit der Entscheidung 4 Ob 195/24s hat sich der OGH nun erstmalig mit den einschlägigen Bestimmungen auseinandergesetzt. Sie bestätigt, dass die Nichteinhaltung von Geheimhaltungsmaßnahmen für das betroffenen Unternehmen einen gefährlichen Stolperstein einer sonst möglichen Rechtsverfolgung darstellt:

Aktive Maßnahmen sind erforderlich

Im zu entscheidenden Fall hat eine ehemalige Mitarbeiterin eines Finanzdatenanbieters Kundendaten, Ansprechpartner und Fondsdaten an einen Mitbewerber zum Abwerben von Kunden weitergegeben. Sie hatte noch Monate nach dem Ende ihres Anstellungsverhältnisses mit ihren alten Anmeldedaten Zugriff auf die Datenbank des Finanzdatenanbieters. Dies nutzte sie zur Förderung fremden Wettbewerbs. Der OGH hat nun im Einklang mit den eingangs dargelegten Grundsätzen die Abweisung der gegen die Nutzung der so erworbenen Daten durch den Mitbewerber gerichtete einstweiligen Verfügung bestätigt. Für das Höchstgericht war dabei entscheidend, dass der Finanzanbieter keine angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen gesetzt hatte. Dass die ehemalige Mitarbeiterin eine Verschwiegenheitserklärung zu Gunsten ihres Arbeitgebers unterzeichnet hatte, änderte nichts an den fehlenden, technischen Schutzmaßnahmen. Es ist eben nicht ausreichend, sich nur auf rechtliche Absicherungen zu verlassen, sondern müssen auch angemessene effektive Maßnahmen gesetzt werden. Diese Erkenntnis des OGH entspricht dem Telos des RL-Gesetzgebers. Damit ist der bloße Geheimhaltungswille entgehen der früheren Praxis nicht mehr ausreichend. Die Beweislast für das Ergreifen ausreichender Maßnahmen liegt zudem beim Unternehmen. Daher ist auch eine entsprechende Dokumentation wesentlich. 

Fazit

Die erste Entscheidung des OGH zum Thema der Geheimhaltungsmaßnahmen bestätigt den strengen Ansatz des Gesetzes. Sie ist ein dringender Weckruf an Unternehmen, den aktiven Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu priorisieren und entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen. Der pauschale Verweis auf bestehende Vertraulichkeitserklärungen reicht dagegen nicht mehr aus. Welche Maßnahmen konkret angemessen und daher für die Aufrechterhaltung des Schutzes erforderlich sind, hängt von der Branche und Größe des Unternehmens, weiters aber auch der Sensibilität des Geschäftsgeheimnisses und die Menge an zu schützendem Know-how, ab. Unser IT/IP-Team unterstützt Sie gerne, Ihr Konzept zum Schutz Ihrer Geschäftsgeheimnisse zu erstellen oder bestehende Systeme zu prüfen.